Methodische Forschung mit ALLBUS

Forschung zu Erhebungsmodi

Wie in allen Befragungen sind auch bei ALLBUS die Kosten zur Durchführung von Befragungen gestiegen, während gleichzeitig die Rücklaufquoten gesunken sind. Im Vergleich zu 1980 haben außerdem technische Entwicklungen die computergestützte und webbasierte Befragung möglich gemacht. Für den ALLBUS bedeutet dies, dass der Umstieg von interviewerbasierten Umfragen auf Selbstausfüller sowohl notwendig als auch möglich geworden ist.

Nachdem der ALLBUS seit 1980 im face-to-face (F2F)-Modus durchgeführt wurde (erst als persönliche Interviews (PAPI), dann als computer-assisted personal interviews (CAPI)), fand er 2021 das erste Mal als self-administered mixed-mode survey statt (PAPI und CAWI).

In Begleitung dieses Umstiegs wurde ein Experiment zum Studiendesign durchgeführt, das auf dem Bild grafisch dargestellt ist. Im simultanen Design wurden mit dem Anschreiben beide survey modes zur Verfügung gestellt (Link zu CAWI, PAPI), im sequenziellen Design wurde erst nur der Link zur CAWI-Befragung zur Verfügung gestellt und erst mit den Erinnerungsschreiben der Papierfragebogen (PAPI) angeboten. Bei den Rücklaufquoten zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den beiden Designs mit einer höheren Rücklaufquote im simultanen Design. Im Vergleich zu den Befragungen im F2F-Modus unterscheidet sich jedoch die Zusammensetzung der Befragten auf verschiedenen Dimensionen wie Alter, Nationalität und Geschlecht.

Die Ergebnisse dieses Experiments werden noch veröffentlicht, bis dahin können Sie sich bei weiteren Fragen gerne an Alexandra Asimov und Michael Blohm wenden.

Forschung zu Incentives

Wie andere Umfragen in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern, ist die ALLBUS-Umfrage in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mit dem Problem rückläufiger Teilnahmequoten konfrontiert. Als wissenschaftlich anerkanntes Mittel, diesem Problem zu begegnen, hat sich in der jüngeren Vergangenheit der Einsatz von Befragten-Incentives (d.h. Anreize zur Teilnahme an der Studie) etabliert. Bei anspruchsvollen sozialwissenschaftlichen Großerhebungen ist es seit einigen Jahren Standard in Deutschland, den Befragten für ihre Teilnahme ein monetäres Dankeschön in Höhe von 10 Euro (manchmal auch mehr) zukommen zu lassen. Die Aushändigung dieses Incentives ist dabei normalerweise an die Teilnahme an der Umfrage geknüpft. Eine Vielzahl internationaler Untersuchungen zeigt nun allerdings, dass der Einsatz dieser sog. „promised“ Incentives, d.h. Geld bei Teilnahme, nicht notwendigerweise der effizienteste Weg ist, die Teilnahmebereitschaft zu verbessern. In verschiedenen Untersuchungen haben sich vielmehr sog. „prepaid“ Incentives, d.h. Geld mit der Bitte um Teilnahme, als überlegen herausgestellt. Diese werden den für die Studie ausgewählten Personen vorab übergeben und sind somit nicht direkt an die Umfrageteilnahme gekoppelt.

Um empirisch zu überprüfen, ob der Einsatz von prepaid Incentives auch in der deutschen ALLBUS-Umfrage eine effiziente und kostengünstige Maßnahme zur Qualitätssicherung in zukünftigen ALLBUS-Erhebungen darstellt, wurde in den Erhebungen 2010, 2014, 2016 und 2018 jeweils ein Experiment eingeschaltet, bei dem die Incentivierung in Teilgruppen der Stichprobe systematisch variiert wurde (Überblick siehe Grafik rechts). In der Erhebung 2014 wurde in der 10 Euro prepaid Bedingung im Vergleich zur 10 Euro promised Bedingung eine um den Faktor 1,4 höhere Ausschöpfung erzielt. In der Erhebung 2010 wurde als zweiter Vergleich noch eine Gruppe mit 20€ prepaid inzentiviert - die Ergebnisse dieser Gruppe waren sehr ähnlich wie die in der Gruppem mit 10 Euro. Eine solche Ausschöpferungssteigerung geht auch mit Kostenersparnissen einher. Um die gleiche Anzahl an Interviews zu realisieren, reicht eine etwa 30% kleinere Ausgangsstichprobe.

Um in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob eine ähnliche Effizienzsteigerung möglich ist, wenn der prepaid Betrag reduziert wird und lediglich 5 Euro vorab an die Personen der Stichprobe gesandt werden, wurde in der Erhebung 2016 ein weiteres Experiment implementiert. Hier zeigt sich, dass der Zuwachs an Interviews bei der 5 Euro prepaid Bedingung zwar etwas geringer ausfällt als bei der 10 Euro prepaid Bedingung, allerdings werden durch den 5 Euro-Einsatz natürlich auch die Incentive-Kosten halbiert. Die Experimentalergebnisse deutliche Hinweise darauf, dass der Einsatz von prepaid Incentives eine effiziente und kostengünstige Strategie darstellt, um die erforderliche Anzahl von Interviews zu erzielen. Prepaid Incentives führen zu einer erheblichen Steigerung der Teilnahmebereitschaft und verringern dadurch den Gesamtaufwand, der für die Erzielung einer bestimmten Anzahl von Interviews notwendig ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Personen, denen man Geld schickt, bevor sie sich entschieden haben teilzunehmen, nehmen eher teil als Personen, denen man Geld für ihre Teilnahme anbietet. Dadurch entsteht der überraschende Effekt, dass im Ergebnis insgesamt ähnlich viel oder sogar weniger Geld für eine Umfrage insgesamt ausgegeben werden muss, bei gleichzeitiger Steigerung der Qualitätsmaße. Die Ergebnisse dieser Experimente sind im International Journal of Public Opinion Research veröffentlicht.

Blohm, M., & Koch, A. (2021). Monetary incentives in large-scale face-to-face surveys: Evidence from a series of experiments. International Journal of Public Opinion Research, 33(3), 690-702. https://doi.org/10.1093/ijpor/edab007